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17.05.2022 - Befreiung von der Einhaltung der Baugrenzen

Datum der Entscheidung
17.05.2022
Aktenzeichen
1 B 477/21
Normen
BauGB § 31 Abs 2
Rechtsgebiet
Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrecht
Schlagworte
Baugrenze
Befreiung
Rücksichtnahmegebot
Leitsatz
1. Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn grundsätzlich davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung befreit wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht.

2. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) sind nicht generell nachbarschützend. Solchen Festsetzungen kommt eine nachbarschützende Wirkung nur dann zu, wenn sich ihr nachbarschützender Charakter im Einzelfall aus dem Bebauungsplan selbst oder seiner Begründung ergibt. Dies setzt voraus, dass der Plangeber eine Festsetzung erkennbar auch zum Schutze des Nachbarn getroffen und sie nicht ausschließlich objektiv-rechtlich ausgestaltet hat.

3. Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten. Ihm kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist.

4. Gewisse Veränderungen der Wasserverhältnisse durch ein in der Nähe des eigenen Grundstücks geplantes Vorhaben muss der Nachbar grundsätzlich hinnehmen.