Sie sind hier:

04.06.2009 - Errichtung eines Wasserkraftwerks; Reichweite der naturschutz- und umweltrechtlichen Verbandsklage

Datum der Entscheidung
04.06.2009
Aktenzeichen
1 A 9/09
Normen
BNatSchG § 10 Abs 1 Nr 5
BNatSchG § 34
BremNatSchG § 26c
BremWG § 111
BremWG § 95b
FFH-RL Art 6
UmwRG § 2
UmwRG § 3
WHG § 1b
WHG § 25b
WHG § 31
WRRL Anhang 5 Nr 1.2.5
WRRL Art 3
WRRL Art 11
WRRL Art 13
Rechtsgebiet
Wasserrecht
Schlagworte
Bewirtschaftungsziele
Durchgängigkeit
Einschätzungsprärogative
erheblich veränderte Gewässer
Fischschutz
Koordinierungsgebot
Wasserkraftanlage
Leitsatz
1. Die Anerkennung als klagebefugter Umweltverband nach § 3 Abs. 1 UmwRG reicht nur so weit, wie der satzungsgemäße Aufgabenbereich des betreffenden Vereins reicht. Dieser ist im Anerkennungsbescheid konkret zu bezeichnen.

2. Das wasserrechtliche Koordinierungsgebot verpflichtet die Bundesländer der jeweiligen Flussgebietseinheit zu einer abgestimmten, koordinierten Bewirtschaftung des betreffenden Gewässers. Maßgebliche Koordinierungsinstrumente sind das Maßnahmeprogramm und der Bewirtschaftungsplan. Das Koordinierungsgebot beinhaltet nicht, dass Einzelvorhaben und -maßnahmen auf der Vollzugsebene einem Zustimmungsvorbehalt der Wasserbehörden der übrigen Bundesländer der Flussgebietseinheit unterliegen.

3. Bei den Bewirtschaftungszielen der §§ 95a bis 95d BremWG (§§ 25a bis 25d WHG) handelt es sich um normative Vorgaben, die nicht der Abwägung zugänglich sind. Sie entfalten bereits vor der Aufstellung von Maßnahmeprogramm und Bewirtschaftungsplan unmittelbare Bindungswirkung für die wasserrechtliche Planfeststellung.

4. § 95b BremWG (§ 25b WHG) enthält für erheblich veränderte Gewässer sowohl ein Verschlechterungsverbot als auch ein Sanierungsgebot. Unter hydromorphologischen Gesichtspunkten ist insoweit der Erhalt bzw. die Verbesserung der Durchgängigkeit des Gewässers für die wandernde Fischfauna das maßgebliche Kriterium.

5. Eine neu errichtete Wasserkraftanlage berührt auch bei einem erheblich veränderten Gewässer dessen Durchgängigkeit. Bei der Planfeststellung ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Bedingungen für die flussab- und flussaufwärts gerichtete Wanderung der Fauna sich nicht weiter verschlechtern. Soweit dies unter den gegebenen Umständen möglich ist, muss eine Verbesserung der Wanderungsbedingungen erreicht werden.

6. Bei der Beurteilung, ob die Bewirtschaftungsziele des § 95b BremWG (§ 25b WHG) erfüllt werden, steht der sachverständig beratenen Planfeststellungsbehörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Das bedeutet, dass ihre Einschätzung methodisch abgesichert und nach dem aktuellen Stand der Fachwissenschaft inhaltlich vertretbar sein muss.

7. Demgegenüber steht der Planfeststellungsbehörde bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung keine Einschätzungsprärogative zu. Bestehen vernünftige Zweifel daran, dass das Vorhaben die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets nicht beeinträchtigen wird, darf die Planfeststellungsbehörde kein positives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung feststellen.